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Beteiligunghaushalt Freiburg 2009/2010

News vom 18.09.2007

Über 250 Menschen informierten sich am 14. September bei einem Expertengespräch über den geplanten Beteiligungshaushalt.

Der nächste Freiburger Haushalt ist nicht nur für die Stadt ein Novum: Deutschlandweit wird es der erste städtische Haushalt sein, der sowohl unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger als auch unter dem Aspekt der Geschlechtergerechtigkeit aufgestellt wird.

Dieser zentrale Baustein des "Gender Budgetings" - der Berücksichtung der Auswirkungen bei der Verteilung von städtischen Leistungen auf die Lebenswelten von Männern und Frauen - veranlasste die Landesstiftung Baden-Württemberg sich bei diesem Freiburger Pilotprojekt als Kooperationspartner einzubringen. Definitiv entscheiden über das Gesamtprojekt zum Beteiligungshaushalt und über die Art des Verfahrens wird der Gemeinderat am 23. Oktober in öffentlicher Sitzung.

Wofür die Stadt Freiburg Geld ausgibt, interessiert mehr Menschen als viele dachten. "Erfreut und überrascht" war Oberbürgermeister Dieter Salomon, als er rund 250 Zuhörerinnen und Zuhörer im Historischen Kaufhaus zum Expertengespräch über die Bürgerbeteiligung zum nächsten Doppelhaushalt begrüßen konnte. "Dieses Verfahren geht über alles hinaus, was es bislang in der Stadtpolitik an Partizipation gab" , kündigte Salomon an. Deutlich wurde, dass verschiedene Ebenen und Methoden der Beteiligung nötig sind. Gleichwohl gab es auch kritische Stimmen zum geplanten Ablauf.

Einstimmig hatte der Gemeinderat beschlossen, erstmals in Freiburg einen Beteiligungshaushalt anzustreben. Die Bürgerinnen und Bürger sollen mitdiskutieren, wo und wie viel Geld die Stadt ausgibt, welche Schwerpunkte sie setzen soll. Bislang, so Salomon, galt der städtische Haushalt als zu kompliziert und zu trocken. "Wir wollen dieses Spezialistenthema öffnen für alle Bürger."

Spezialisten hatte die Stadtverwaltung eingeladen, um das Projekt zu starten. Die Soziologin Jeannette Behringer von der Landeszentrale für politische Bildung wies auf die Risiken eines Beteiligungshaushaltes hin: Misstrauen gegenüber der Verwaltung, dem Gemeinderat und unter den Bürgern, Konkurrenz, Geringschätzung, weil verschiedene Lebenswelten und Kompetenzen aufeinander prallen. Auf der anderen Seite sieht sie Chancen, dass das Verfahren neue Ideen aufwirft, die Identität und Integration fördert. Den Weg, den die Projektgruppe um Salomons persönliche Referentin Annette Schubert eingeschlagen hat, bezeichnete sie als realistisch und gut ausgestattet. Er zeuge von Augenmaß.

Aufs Internet beschränkt ist die Bürgerbeteiligung in Hamburg. Das aber besitze eine eigene Qualität, sagte Rolf Lührs, der das Projekt umgesetzt hat. Die 2800 registrierten Benutzer waren vor allem jüng und gebildet — und zu 80 Prozent männlich. Ein echtes Manko, wie Lührs einräumte. Warum Frauen derart unterrepräsentiert sind, kann er nicht erklären.

Mit dem Haushaltsplaner können die Bürger eigene Schwerpunkte setzen, allerdings innerhalb des vorgegebenen Budgets. "Das zwingt dazu, woanders zu kürzen, wenn man für einen bestimmten Posten mehr Geld fordert." Die Folge: Jeder muss sich mit dem Haushalt beschäftigen. Zwei bis drei Stunden dauert es mindestens, um seinen persönlichen "Haushalt" zusammenzustellen. Erstaunlich: "Die Bürger haben viel mehr gespart als gedacht, ja zum Teil radikal zusammengestrichen" so Lührs. Die Ergebnisse wurden im Hamburger Parlament diskutiert.

Ein solcher Haushaltsrechner soll ein Baustein der Freiburger Bürgerbeteiligung werden. Wichtig aber ist Annette Schubert der Mix aus Umfragen und Stadtkonferenz. Eine Arbeitsgruppe aus Bürgern, Politikern und Verwaltung soll eine Auswahl treffen, um die Stadt möglichst realistisch abzubilden.

Am Vorgehen gab es denn auch Kritik. Stadtteilkonferenzen wurden gefordert, von einem elitären Verfahren war die Rede, der Haushalt verkomme zum Verschiebebahnhof. Annette Schubert warb um Vertrauen und wies darauf hin, dass das der erste Schritt zu einem Beteiligungshaushalt sei. Unterstützung kam von Daniela Ullrich (Agenda 21), die dieses Verfahren mitentwickelt hatte. "Das ist in einem Zyklus nicht zu schaffen."

Folgender Ablauf ist für den Beteiligungshaushalt vorgesehen:
* November: repräsentative Bürgerumfrage
* März 2008: Auftaktveranstaltung
* Mai/Juni: Haushaltsrechner im Internet; stichprobenartige Umfrage sowohl schriftlich als auch online
* Juni: eineinhalbtägige Stadtkonferenz mit Bürgerinnen und Bürgern, Interessenvertretern und Fürsprechern
* Juli: Ergebnisse und Gewichtungen werden aufbereitet und in Empfehlungen an den Gemeinderat gegossen.
* September: Einbringung des Haushalts in den Gemeinderat
* Oktober: Der Gemeinderat diskutiert die Empfehlungen der Stadtkonferenz

Weitere Infos zum Thema: www.hamburg-haushalt.de, www.demos-monitor.de, www.freiburg.de/beteilgungshaushalt

Textquellen: Uwe Mauch, BZ vom 15.9.07, PM der Stadt Freiburg
Bildautor: Roger Buhl