Erfolgreicher Freiburger GEO-Tag der Artenvielfalt 2012
News vom 17.06.2012
Rund 340 Teilnehmer fanden beim 9. Freiburger GEO-Tag über 500 Arten, darunter war auch ein besonderer Schmetterling
Auch der Königskerzen-Mönch war da
Ein beeindruckendes Bild von der Reichhaltigkeit der Stadtnatur konnten sich am 16. Juni 2012 die zahlreichen Besucher des diesjährigen Freiburger GEO-Tags der Artenvielfalt machen: Knapp 340 große und kleine Naturfreunde informierten sich an diesem Samstag von früh bis spät an den Ständen von Gewässerführern, BUND, NABU, der Jägervereinigung Freiburg und der Ökostation über die heimische Lebewelt und erforschten bei elf Exkursionen gemeinsam mit Fachleuten die Flora und Fauna des Gewanns „Obergrün“.
Diese im Stadtteil Betzenhausen gelegene, zirka zwei Hektar große Naturoase mitten in der Stadt hatte sich das "Freiburger Netzwerk Artenvielfalt", ein Zusammenschluss von 14 Freiburger Naturschutzverbänden und Einrichtungen, im Vorfeld als Untersuchungsgebiet ausgewählt. Insgesamt wurden über 400 Arten gefunden. Die vollständige Artenliste ist unter folgendem Link zu finden: www.oekostation.de/docs/Artenliste_GEO_Tag_2012.pdf
„Es ist schön hier und interessant“, meinte Anwohnerin Silke Pfaff: Bereits um sieben Uhr war die Naturliebhaberin auf den Beinen, um mit Josef Ruf vom NABU und anderen Interessenten die Vogelwelt im Gebiet hinter der Anne-Frank-Schule zu erkunden. Innerhalb von anderthalb Stunden entdeckte die Gruppe 20 Arten – so auch den Grauschnäpper und den Heckenbraunelle. „Jetzt habe ich einen Eindruck davon, was vor meiner Haustür so lebt“, freute sich Pfaff.
Eine weitere Vormittags-Exkursion beschäftigte sich mit den Lebewesen des Mühlbachs: Dem 9-jährigen Moritz Herlyn aus der Oberau machte es dabei sichtlich Spaß, nach den Larven von Köcher- und Eintagsfliegen zu suchen, die auch zahlreich gefunden wurden. Patrick Pauli vom Team der Freiburger Gewässerführer erklärte den 15 Teilnehmern, warum diese nur wenige Zentimeter großen Insekten trotz der Verwirbelungen im Wasser nicht im Meer landen: „Sie haben Spoiler, mit deren Hilfe sie gegen die Strömung bestehen können und fliegen außerdem nach dem Schlüpfen zur Eiablage immer ein Stück bachaufwärts“, nannte der Landschaftsarchitekt zwei Beispiele.
Zur gleichen Zeit fand auch eine Familienexkursion der Naturschutzjugend (NAJU) unter Leitung von Gisela Friederich statt. Die rund 30 Teilnehmer – größtenteils Kinder und Jugendliche – bekamen dabeiauch die geschützte Zauneidechse zu Gesicht.
Im Mittelpunkt des Aktionstags standen vor allem die Wiesen und Weiden, welche das Obergrün prägen: „Man findet verschiedene Typen von Grünland nahe beieinander“, betonte Kerstin Geigenbauer vom Verein Bauernhoftiere für Stadtkinder. So seien einige Parzellen von Hecken und Gestrüpp bewachsen, andere Bereiche würden indes gemäht und gestalteten sich deshalb lückiger und ärmer an Nährstoffen. „Das ist auch der Grund dafür, warum dort Pflanzen wachsen, die auf gut gedüngten Wiesen fehlen“, erklärte die Biologin. Mehrere solcher Kräuter wurden den Teilnehmern vorgestellt, beispielsweise der Hornklee und die Wiesen-Flockenblume.
Anhand der letztgenannten Art zeigte Insektenfachmann Klaus Rennwald am Nachmittag die enge Verzahnung zwischen Tier- und Pflanzenwelt auf: Mit einem Kescher fing er nämlich eine besondere Bohrfliege, die ihre Eier in den Rispen dieser violett blühenden Pflanze ablegt. „Wo es keine Flockenblumen gibt, fehlt auch diese Fliege“, brachte es der Zoologe auf eine einfache Formel. Neben dem pflanzlichen Artenspektrum spiele für manche Insekten ebenso die Bewirtschaftungsform eine Rolle: „Das Ochsenauge etwa legt seine Eier gerne an frisch gemähten Wiesen ab“, erläuterte Rennwald. Einige Besucher hatten diesen dunkelbraun gefärbten Schmetterling gefunden, ebenso etliche Heuschrecken wie das Grüne Heupferd oder Roesels Beißschrecke. Auch die gelblich-weiß gefärbte und schwarz gepunktete Raupe eines besonderen Nachtfalters, des so genannten Königskerzen-Mönchs, wurde gefunden: Ihr Vorkommen ist an die namengebende Futterpflanze gebunden. Insgesamt, so die Einschätzung Rennwalds,dürften im Obergrün mehr als tausend verschiedene Insektenarten vorkommen.
Zeitgleich zu den Wiesenuntersuchungen erforschte der Förderverein Freiburger Bachpaten gemeinsam mit Studierenden der Pädagogischen Hochschule und einigen Passanten, die spontan mitmachten, die Lebewelt der Dreisam auf Höhe der Gaskugel.
Dass die vielen Tier und Pflanzen am Aktionstag relativ leicht beobachtet werden konnten, war in erster Linie dem guten Wetter zu verdanken. Auch die Stadt leistete einen wichtigen Beitrag: „Eigens wegen des Aktionstags hat das Garten- und Tiefbauamt einen Mähtermin nach hinten verschoben“, hob Ralf Hufnagel vom Veranstalter-Netzwerk lobend hervor. Der Biologe bedankte sich ebenso beim Kleingärtnerverein „Gartenfreunde West“, deren Gelände bei der morgendlichen Vogelexkursion begangen werden konnte, bei der Anne-Frank-Schule, die ihre Schultoiletten zur Verfügung gestellt hatte sowie beim Verein „Bauernhoftiere für Stadtkinder“ für die Bewirtung.
Wie in den Vorjahren beteiligten sich auch diesmal auffallend viele Kinder beim Freiburger Tag der Artenvielfalt, der - wie Waldhaus-Leiter Markus Müller in einem Grußwort für die Stadt betonte - inzwischen zu einer festen Größe in der Ökohauptstadt geworden ist. Etliche kleine Naturforscher waren dann auch noch nach 22 Uhr anwesend, um mit Johanna Hurst von der Arbeitsgemeinschaft Fledermausschutz den Ultraschall-Lauten dieser nächtlichen Jäger zu lauschen: Mehrere Zwergfledermäuse und ein Abendsegler wurden dabei entdeckt. Deren Beutetiere, nämlich Nachtfalter, lockte Klaus Rennwald bis gegen Mitternacht mit einer Lampe an. Dabei kamen auch mehrere Exemplare des aus Ostasien eingeschleppten Buchsbaumzünslers ans Licht, dessen Raupen gefürchtete Pflanzenschädlinge sind.
Foto: Königskerzen-Mönch (Andreas Braun)